Teheran weist UN-Resolution zur Untersuchung von Gewalt im Iran zurück
Die Führung in Teheran hat die vom UN-Menschenrechtsrat beschlossene Untersuchung der Gewalt im Iran scharf kritisiert. Der Iran lehne die Resolution "entschieden ab", erklärte das Außenministerium in Teheran. Die Revolutionsgarden verstärkten am Freitag ihre Präsenz in den Kurdengebieten. Indes gab es nach Angaben von Aktivisten erneut Dutzende Tote und Verletzte bei Protesten in der Provinz Sistan-Balutschistan. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier forderte, die Verantwortlichen für die Gewalt zur Rechenschaft zu ziehen.
Am Donnerstag hatte der UN-Menschenrechtsrat eine unabhängige Untersuchung des gewaltsamen Vorgehens der Behörden gegen die Demonstranten im Iran beschlossen. 25 der 47 Mitgliedstaaten stimmten auf einer Sondersitzung des Rats in Genf für eine von Deutschland und Island eingebrachte Resolution.
Nun soll eine unabhängige internationale Untersuchungsmission Menschenrechtsverletzungen im Iran dokumentieren und Beweise für eine mögliche Strafverfolgung der Verantwortlichen sammeln. Sie hat allerdings kaum eine Chance, in den Iran zu reisen.
Der Iran erklärte, er werde eine internationale Ermittlungskommission nicht anerkennen. Es sei bereits eine nationale Untersuchungskommission gebildet worden, an der neben Rechtsexperten auch "unabhängige Vertreter beteiligt" seien, teilte das Außenministerium am Donnerstagabend mit.
In den Kurdengebieten verstärkten unterdessen die Revolutionsgarden ihre Präsenz. Spezialeinheiten mit gepanzerten Fahrzeugen seien unterwegs in die Grenzregionen zum Irak im Westen und Nordwesten des Landes, erklärte der General Mohammed Pakpur nach Angaben der Nachrichtenagentur Tasnim. Ziel sei es, das Eindringen von "Terroristen" aus dem benachbarten Irak zu verhindern.
Im Iran wird seit mehr als zwei Monaten gegen die Führung in Teheran protestiert. Auslöser war der Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini am 16. September. Amini war von der Sittenpolizei festgenommen worden, da sie ihr Kopftuch nicht ordnungsgemäß getragen haben soll. Sie starb kurze Zeit später in einem Krankenhaus. Aktivisten werfen den Behörden vor, Amini misshandelt zu haben. Bei der brutalen Niederschlagung der Proteste durch die Regierung sind nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen bisher mindestens 416 Menschen getötet worden.
Steinmeier forderte, die Verantwortlichen für die Gewalt zur Rechenschaft zu ziehen. Das Recht auf friedliche Versammlung und auf freie Meinungsäußerung gelte wie alle Menschenrechte universell, erklärte Steinmeier.
Das Vorgehen der Behörden im Iran sei "menschenverachtend", sogar Kinder würden "Opfer der maßlosen Gewalt des iranischen Regimes". Die "mutigen Menschen" im Iran verdienten Gleichberechtigung, Würde und Rechte. Deutschland stehe an ihrer Seite. Steinmeier erklärte, er sei froh, dass der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen "mit großer Mehrheit klar Stellung bezogen hat".
Nach Angaben der in London ansässigen Menschenrechtsorganisation Baloch Activists Campaign (BAC) gab es bei Protesten im Südosten des Landes erneut "Dutzende Tote und Verletzte". Sicherheitskräfte eröffneten demnach in Sahedan, der Provinzhauptstadt Sistan-Belutschistans, nach dem Freitagsgebet das Feuer auf Demonstrierende. Auch in den Städten Iranschar, Chasch und Sarawan gingen die Menschen demnach auf die Straße. Der Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights (IHR) zufolge setzten Mitglieder der Revolutionsgarden Maschinengewehre ein, um die Proteste niederzuschlagen.
"Kurdistan, Kurdistan, wir unterstützen dich" und "Kurden und Balutschen sind Brüder, die nach dem Blut des Führers dürsten", skandierten die Demonstranten in Sahedan, wie Videos zeigten, deren Echtheit nicht überprüft werden konnte. Sahedan ist eine der wenigen mehrheitlich von Sunniten bewohnten Städte im vorwiegend schiitischen Iran.
Zuvor hatten Aktivisten zu landesweiten Solidaritätskundgebungen mit Kurdistan aufgerufen. Die Provinz Kurdistan im Nordwesten des Landes und Sistan-Balutschistan im Südosten haben seit Beginn der Proteste besonders viele Opfer gezählt. Nach Angaben von IHR gab es in Sistan-Balutschistan mindestens 126 Tote, in Kurdistan 48.
A.Abascal--ESF