Kurdischer Verband spricht nach Mehrfachmord in Paris von "Terroranschlag"
Nach dem Mehrfachmord in einem kurdisch geprägten Viertel in Paris hat ein Verband kurdischer Organisationen in Frankreich von einem "Terroranschlag" gesprochen. Es sei "inakzeptabel, dass der terroristische Charakter nicht berücksichtigt wird", sagte der Sprecher des Kurdischen Demokratischen Rats in Frankreich (CDK-F), Agit Polat, am Freitag vor Journalisten. Der CDK-F sei der Meinung, dass der türkische Staat und dessen Präsident Recep Tayyip Erdogan hinter den Morden steckten.
Die politische Situation in der Türkei in Bezug auf die Kurdenbewegung veranlasse seinen Verband eindeutig dazu, "zu vermuten, dass es sich um politische Morde handelt", sagte Polat bei der nur rund 100 Meter vom Ort der Bluttat entfernt abgehaltenen Pressekonferenz.
Wenige Stunden zuvor hatte ein in der Vergangenheit wegen rassistischer Gewalt angeklagter Franzose in der Nähe eines kurdischen Kulturzentrums in Paris drei Menschen erschossen und drei weitere verletzt. Bei den Toten handelt es sich laut CDK-F um kurdische Aktivisten, unter ihnen eine junge Frau und ein Musiker.
Der mutmaßliche Täter wurde am Tatort in Polizeigewahrsam genommen und leicht verletzt in ein Krankenhaus gebracht. Nach Informationen der Staatsanwaltschaft handelt es sich um einen 69 Jahre alten Franzosen, einen ehemaligen Lokführer.
Der Täter habe "offensichtlich Ausländer angreifen wollen", sagte Innenminister Gérald Darmanin am Tatort. Er betonte aber, dass das genaue Motiv des Mannes, den er als Einzeltäter bezeichnete, nicht bekannt sei. Vertreter des CDK-F forderten die französischen Behörden daraufhin auf, ihre "Nachsicht" gegenüber den türkischen Behörden in Bezug auf die Sicherheit von Kurden zu beenden.
Bei der Pressekonferenz des CDK-F zu dem Mehrfachmord äußerte sich auch der ehemalige linkspopulistische Präsidentschaftskandidat Jean-Luc Mélenchon. Er glaube nicht an einen Zufall, "wenn es um die Ermordung von Kurden in Paris geht", erklärte Mélenchon.
Fast auf den Tag zehn Jahre genau vor der Gewalttat, am 9. Januar 2013, waren im selben Pariser Viertel drei kurdische Aktivistinnen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ermordet worden. Den bis heute andauernden Ermittlungen der französischen Justiz zufolge waren Mitglieder des türkischen Geheimdienstes an der Tat beteiligt, es gibt jedoch keine Erkenntnisse zu mutmaßlichen Auftraggebern.
Kurdische Organisationen hatten erst kürzlich eine Aufklärung des Dreifachmordes von 2013 gefordert, für den 7. Januar ist eine große Demonstration kurdischer Gruppen in Paris geplant. Nach Informationen des in Berlin ansässigen Kurdischen Zentrums für Öffentlichkeitsarbeit fand zum Zeitpunkt der Tat in dem Pariser Kurdenzentrum ein Vorbereitungstreffen für die Demonstration statt.
J.Suarez--ESF