Zahl der Todesopfer bei Erdbeben in der Türkei und Syrien steigt auf über 8700
Nach dem verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist die Zahl der Todesopfer in beiden Ländern auf mehr als 8700 gestiegen. Die jeweiligen Behörden zählten am Mittwochmorgen 6234 Tote in der Türkei und 2470 in Syrien. Überall in den betroffenen Gebieten verbrachten derweil Menschen bei eisigen Temperaturen die zweite Nacht im Freien.
Mit den neuen Bilanzen aus beiden Ländern stieg die Gesamtzahl der Todesopfer auf 8704. Da die Rettungskräfte sich oft nur langsam durch die Trümmer kämpfen können, befürchten Experten einen weiteren deutlichen Anstieg der Todeszahlen in den kommenden Tagen. Viele Menschen könnten noch unter Trümmern begraben worden sein.
Das Erdbeben der Stärke 7,8 hatte das türkisch-syrische Grenzgebiet am frühen Montagmorgen erschüttert. Unzählige Menschen wurden beim Einsturz ihrer Häuser verletzt. Nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnten bis zu 23 Millionen Menschen in beiden Ländern von den Folgen des Bebens betroffen sein.
Erschwert wurde ihr Leiden in der Nacht zum Mittwoch vielerorts erneut durch eisigen Regen und auch Schnee. Das Wetter stellte nach Angaben der Rettungskräfte eine zusätzliche Gefahr dar - sowohl für die durch das Beben obdachlos gewordenen Menschen als auch für mögliche Überlebende in den Trümmern. "Es ist nun ein Wettlauf gegen die Zeit", sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus.
Laut dem Bericht von AFP-Korrespondenten blieben auch die zweite Nacht in Folge viele Menschen auf der Straße - teils aus Angst vor Nachbeben und teils, weil sie keine Häuser mehr und auch keine Notunterkünfte hatten. Einige von ihnen entzündeten Feuer aus herumliegenden Holzteilen, um sich zu wärmen.
Etwa 100 weitere in Decken eingewickelte Menschen schliefen in der Lounge eines Flughafenterminals, in der normalerweise türkische Politiker und Prominente empfangen werden. "Wir haben die Gebäude einstürzen sehen und wissen, dass wir Glück haben, noch am Leben zu sein", sagte Sahide Sutcu, die mit ihren beiden kleinen Kindern zum Flughafen fuhr.
Angesichts des Elends und der Zerstörung sind weltweit Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen angelaufen. Zahlreiche Staaten haben die Entsendung von Einsatzkräften und die Bereitstellung von Hilfsgeldern zugesagt. Auch Deutschland will helfen, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) telefonierte am Dienstag mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und sagte ihm umfassende Unterstützung zu. Erdogan würdigte nach Angaben der Bundesregierung in dem Gespräch die internationale Unterstützung, "insbesondere auch diejenige aus Deutschland".
Auch der türkische Botschafter in Berlin, Ahmet Başar Şen, dankte Deutschland und Europa für die schnelle Hilfe. "In solch' schwierigen Zeiten ist es gut zu wissen, dass wir uns auf unsere Freunde in Europa uneingeschränkt verlassen können", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Türkei brauche im Moment vor allem "spezialisierte Teams und medizinische Hilfsteams, die sich an Such- und Rettungsmaßnahmen beteiligen können". Auch Notunterkünfte und Medikamente sowie Winterkleidung würden gebraucht.
Verlangsamt werden die Hilfsbemühungen derzeit durch die Bedingungen vor Ort: Vielerorts ist in beiden Ländern die Infrastruktur zerstört, Flughäfen in der Region sind geschlossen. Ein Wintersturm hat zudem viele Straßen unpassierbar gemacht.
In Syrien kommt hinzu, dass das Land international geächtet ist und harten Sanktionen unterliegt. Zudem wird wegen des seit 2011 andauernden Bürgerkriegs das Katastrophengebiet im Norden des Landes teils von Rebellen und teils von der Regierung beherrscht. Der Chef des syrischen Roten Halbmonds, Chaled Habubati, rief die USA und die Europäische Union zur Aufhebung ihrer Sanktionen und zu Hilfslieferungen auf.
Die USA erklärten, sie wollten zusammen mit Partnerländern Nothilfe auch für Syrien bereitstellen. Washington werde aber nicht mit der Regierung von Machthaber Baschar al-Assad zusammenarbeiten, betonte US-Außenminister Antony Blinken. "Die Hilfe geht an das syrische Volk, nicht an das dortige Regime." Die syrische Regierung hatte zuvor versichert, dass Hilfsgüter auch in die nicht von Damaskus kontrollierten Gebiete des Landes weitergeleitet würden.
G.Bardales--ESF