Erdogan räumt Defizite im Katastrophenmanagement nach Erdbeben ein
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Defizite im Krisenmanagement seiner Regierung nach dem verheerenden Erdbeben vom Montag eingeräumt. Bei einem Besuch von zwei besonders von der Katastrophe betroffenen Regionen sagte Erdogan am Mittwoch: "Natürlich gibt es Defizite. Die Zustände sieht man ja ganz klar." Es sei nicht möglich, "auf so ein Erdbeben vorbereitet zu sein", fügte er allerdings hinzu.
Erdogan nahm bei seinem Besuch in der südlichen Provinz Hatay Polizisten und Soldaten vor der nach dem Erdbeben aufgekommenen Kritik in Schutz. Diese seien "ehrenhaft". Wer behaupte, es seien keine Soldaten und Polizisten vor Ort, sei "ehrenlos und unehrlich". Seine Regierung werde es nicht zulassen, dass derart über die Einsatzkräfte gesprochen werde. In der Provinz Hatay seien mehr als 21.000 Helfer im Einsatz, darunter Soldaten und Polizisten.
Zuvor hatte es heftige Kritik aus der Bevölkerung gegeben, dass sie bei den Bergungsarbeiten von den Behörden im Stich gelassen würden. Reporter der Nachrichtenagentur AFP sahen Menschen, die mit bloßen Händen in den Trümmern nach Verwandten suchten, und sprachen mit wütenden Anwohnern, die vergeblich auf versprochene Zelte, Lebensmittel und Ausrüstung gewartet hatten.
Auch im Internet beklagten sich zahlreiche Menschen in den betroffenen Regionen bitter über das Katastrophenmanagement der türkischen Regierung. Doch zum Zeitpunkt von Erdogans Besuchs in den Erdbebenregionen war der Kurzbotschaftendienst Twitter größtenteils nicht mehr erreichbar. Nutzer in der Türkei und die Netzwerkverkehr-Beobachtungsstelle netblocks.org berichteten, dass der Zugang zu Twitter bei mehreren Internetanbietern eingeschränkt sei.
An Twitter selber schienen die Störungen nicht zu liegen: Mit Hilfe eines VPN-Dienstes, der ein privates Netzwerk simuliert und damit den eigenen Standort verschleiern kann, gelang es AFP-Reportern weiterhin problemlos, Twitter zu benutzen.
Die türkischen Behörden äußerten sich zunächst nicht zu dem Twitter-Ausfall. Sie hatten jedoch zuvor vor der Verbreitung von falschen Informationen gewarnt und mehr als ein Dutzend Menschen festgenommen, die sich im Internet über das Krisenmanagement der Regierung beschwert hatten.
Erdogan will am 14. Mai wiedergewählt werden und seine mittlerweile zwei Jahrzehnte andauernde Präsidentschaft verlängern.
Das Erdbeben hatte sich am Montag in den frühen Morgenstunden im türkisch-syrischen Grenzgebiet ereignet. Rettungskräfte suchen noch immer nach Überlebenden, Experten rechnen jedoch bei den eisigen Temperaturen mit weiter steigenden Opferzahlen. Am Mittwoch stieg die Gesamtzahl der in beiden Ländern gezählten Todesopfer auf mehr als 11.700.
A.Navarro--ESF