Steinmeier spricht bei Katholikentag von "epochaler Veränderung" der Kirchen
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat angesichts des Zustimmungs- und Vertrauensverlusts der großen Kirchen in Deutschland von einer "epochalen Veränderung" gesprochen. Zu Beginn des Katholikentags in Erfurt sagte Steinmeier am Mittwoch, ein Grund dafür seien der Missbrauchsskandal und dessen Vertuschung. Dazu komme aber in Teilen der Gesellschaft eine wachsende Entfremdung und "eigenartige Gleichgültigkeit" gegenüber dem Religiösen und gegenüber dem, was über das Leben hinaus weise.
Steinmeier stellte auch für dieses Phänomen die Frage nach einer Mitverantwortung der Kirchen. "Geben die Kirchen hier zu wenig Anstoß? Ist ihre Botschaft zu leise, zu blass, zu wenig profiliert?" Es gebe nicht wenige Menschen, die ernsthaft nach Sinn und Richtung ihres Lebens suchten.
Steinmeier sagte weiter: "Unsere kritische Frage an uns selbst, als Christen und als Kirche muss sein: Finden diese ernsthaft Suchenden überzeugende Antworten, finden sie geistliche Kompetenz, finden sie empathische Begleitung in unseren Gruppen, Gemeinden und Initiativen?"
Der 103. Deutsche Katholikentag in Erfurt dauert bis Sonntag. Zu etwa 500 Veranstaltungen werden in der thüringischen Landeshauptstadt um die 20.000 Teilnehmer erwartet. Leitwort des Treffens ist der Psalmenspruch "Zukunft hat der Mensch des Friedens".
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp, erklärte, wer dieses Wort ernst nehme, müsse nach dem Frieden suchen. "Wir müssen uns stark machen für Frieden. Gerade in Zeiten, in denen Krieg in Europa und an anderen Orten der Welt stattfindet."
Papst Franziskus rief die Teilnehmer des Katholikentags in einer von der Deutschen Bischofskonferenz verbreiteten Botschaft auf, sich "öffentlich, politisch für bessere Lebensbedingungen einsetzen und besonders denen eine Stimme verleihen, die kein Gehör finden".
"Nicht nur in Europa, sondern auch an anderen Orten der Welt scheinen momentan grundlegende Menschenrechte gefährdet - durch zunehmenden Antisemitismus, durch Rassismus und weitere, zu Extremismus und Gewalt tendierende Ideologien", erklärte der Papst weiter.
Die Probleme beträfen alle und könnten nur gemeinsam gelöst werden, wozu es einen "möglichst vielstimmigen Dialog auf allen Ebenen des sozialen, ökonomischen und politischen Lebens" brauche. Dazu biete der Katholikentag mit seinen vielen Diskussionsveranstaltungen "eine gute Gelegenheit".
K.Baro--ESF