Dänische Ermittler vermuten nach Angriff auf Regierungschefin kein politisches Motiv
Nach dem Angriff auf die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen gehen die Ermittler nicht von einem politischen Motiv aus. Derzeit werde kein politischer Hintergrund der Tat angenommen, sagte Staatsanwalt Taruh Sekeroglu am Samstag in Kopenhagen. Frederiksen selbst erklärte im Onlinedienst Instagram, sie sei "traurig und erschüttert" über den Vorfall, aber insgesamt wohlauf.
Ein 39-jähriger Pole wurde in Untersuchungshaft genommen, nachdem er die Ministerpräsidentin am frühen Freitagabend auf einem Platz im Zentrum von Kopenhagen angegriffen hatte. Die 46-Jährige erlitt bei dem Angriff nach Angaben ihres Büros ein "leichtes Schleudertrauma".
In einer am Samstagabend bei Instagram veröffentlichten Erklärung bedankte sich Frederiksen für die "vielen, vielen, vielen Botschaften der Unterstützung und Ermutigung" und erklärte, sie brauche jetzt erst einmal Zeit mit ihrer Familie sowie "Ruhe und Frieden".
Bei der Anhörung vor einem Haftrichter legte die Verteidigung des Festgenommenen laut Medienberichten ein ärztliches Attest vor, in dem dem 39-Jährigen psychische Probleme bescheinigt werden. Dem Sender DR zufolge stand der Mann laut Polizei bei seiner Festnahme offenbar unter Drogen- und Alkoholeinfluss. Vor dem Haftrichter habe er ausgesagt, er könne sich nicht daran erinnern, was er zum Tatzeitpunkt am frühen Freitagabend getan habe.
Zwei Zeuginnen des Angriffs schilderten der Zeitung "BT", der Angreifer sei auf die Regierungschefin zugegangen und habe sie hart gegen die Schulter gestoßen, sodass sie zur Seite gestrauchelt sei. Anschließend habe der Mann weglaufen wollen, sei jedoch von Männern in Anzügen gepackt und zu Boden gebracht worden.
Der Angriff auf Frederiksen ereignete sich wenige Wochen nach der Attacke auf den slowakischen Regierungschef Robert Fico, der Mitte Mai durch Schüsse lebensgefährlich verletzt worden war. Auch in Deutschland hatte es in jüngster Zeit wiederholt Angriffe auf Politiker gegeben.
Der Vorfall in Kopenhagen rief europaweit Empörung hervor. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verurteilte die Tat im Onlinedienst X: "Gewalt darf niemals Teil politischer Auseinandersetzung sein." EU-Ratspräsident Charles Michel sprach von einem "feigen Akt der Aggression", EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, die Tat widerspreche allem, "woran wir glauben und wofür wir in Europa kämpfen". EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola nannte den Angriff "empörend" und betonte, Gewalt habe keinen Platz in der Politik.
Der dänische Umweltminister Magnus Heunicke erklärte, der Vorfall erschüttere alle, die Frederiksen nahe stünden. "So etwas darf in unserem schönen, sicheren und freien Land nicht passieren."
Frederiksen steht seit fünf Jahren an der Spitze der dänischen Regierung. 2019 war sie zur jüngsten Ministerpräsidentin in der Geschichte des Landes gewählt worden. Bei der Wahl im November 2022 wurden ihre Sozialdemokraten erneut stärkste Kraft.
Die Europawahl in Dänemark findet wie in Deutschland und den meisten anderen EU-Ländern am Sonntag statt.
A.Pérez--ESF