Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main erhebt weitere Anklage im AWO-Skandal
Mehr als zweieinhalb Jahre nach dem Bekanntwerden von Betrugsvorwürfen und überhöhten Gehältern bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Hessen hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main eine weitere Anklage in dem Komplex erhoben. Drei ehemaligen AWO-Verantwortlichen sowie einem Rechtsanwalt wird darin gemeinschaftlicher schwerer Betrug in zwei Fällen vorgeworfen, wie die Behörde am Mittwoch mitteilte.
Sie sollen gegenüber der Stadt Frankfurt zwischen 2016 und 2018 stark überhöhte Rechnungen für Personal und Mietkosten zweier Flüchtlingsunterkünfte geltend gemacht haben. Unter Vorlage falscher Abrechnungen soll es ihnen beim Betrieb um "maximale Gewinne" gegangen sein. So sollen sie der Stadt einen Schaden von mehr als 2,6 Millionen Euro zugefügt haben.
Bei den vier Angeschuldigten handelt es sich um einen früheren Geschäftsführer des AWO-Kreisverbands Frankfurt sowie dessen Ehefrau. Sie war bis Anfang 2020 Geschäftsführerin der AWO Wiesbaden und gleichzeitig Sonderbeauftragte der AWO Frankfurt für den Bereich der Flüchtlingshilfe.
Als dritte AWO-Verantwortliche soll sich eine Frau verantworten müssen, welche die Abteilung Finanzen leitete. Zudem ist ein Anwalt Angeschuldigter, der die AWO Frankfurt zunächst beriet und später Sonderbeauftragter wurde.
Ab Oktober muss sich der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) im Zuge des AWO-Skandals vor Gericht wegen Korruptionsvorwürfen verantworten. Seine damalige Ehefrau soll als Leitern einer Kita zu viel Geld erhalten haben. Dieses Arbeitsverhältnis soll laut Anklage aufgrund seiner Stellung als Oberbürgermeister geschlossen worden sein.
Im Wahlkampf 2018 soll die Frankfurter AWO Feldmann durch die Einwerbung von Spenden unterstützt haben. Als Gegenleistung sei er mit der damaligen Verantwortlichen des Kreisverbands stillschweigend übereingekommen, die Interessen der AWO Frankfurt bei seiner Amtsführung "wohlwollend" zu berücksichtigen.
Aufgrund dieser und weiterer Vorwürfe nahm der Druck auf Feldmann in den vergangenen Monaten zu. Er wurde wegen sexistischer Äußerungen bei einem Flug zum Endspiel von Eintracht Frankfurt zum Finale in der Euro League sowie wegen seines als anmaßend empfundenen Verhaltens bei den Feiern des Siegs der im Finale erfolgreichen Mannschaft kritisiert.
Feldmann bot inzwischen an, zum 31. Januar zurückzutreten. Seine eigene Koalition forderte ihn aber zum sofortigen Rücktritt auf. Die Stadtverordnetenversammlung wählte den 63-Jährigen Mitte Juli mit breiter Mehrheit ab. Eine einwöchige Frist, um das Abwahlverfahren gegen ihn im Herbst zu verhindern, ließ er verstreichen.
Am 6. November stimmt Frankfurt nun in einem Bürgerentscheid über Feldmanns politische Zukunft ab. Damit das Ergebnis zählt, müssen sich mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten an dem Votum beteiligen. Diese Hürde gilt als hoch.
S.Delgado--ESF