Ex-Generalstaatsanwalt in Mexiko wegen Verschwindens von 43 Studenten angeklagt
Knapp acht Jahre nach dem Verschwinden von 43 Studenten in Mexiko soll dem damals für die Ermittlungen zuständigen Generalstaatsanwalt der Prozess gemacht werden. Ein Richter in der Hauptstadt Mexiko-Stadt entschied am Mittwoch, dass der frühere Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam sich wegen Folter, "Verschwindenlassens" und Justizbehinderung vor Gericht verantworten muss. Murillo Karam war am vergangenen Freitag in Mexiko-Stadt festgenommen worden.
Er gilt als Architekt der sogenannten "historischen Wahrheit" über das Verschwinden der 43 Studenten eines linksgerichteten Lehrerseminars im südmexikanischen Ayotzinapa im September 2014. So wird die 2015 unter dem damaligen Präsidenten Enrique Peña Nieto vorgelegte offiziellen Erklärung zu den Hintergründen der Tat genannt.
Demnach waren die Studenten von korrupten Polizisten verschleppt und an die Drogenbande Guerreros Unidos ausgeliefert worden. Bandenmitglieder sollen die Studenten für Angehörige eines verfeindeten Kartells gehalten, ermordet und die Leichen auf einer Müllkippe verbrannt haben.
Die Familien der Studenten und unabhängige Experten der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte zweifeln die offiziellen Ermittlungsergebnisse aber an. Eine von Peña Nietos Nachfolger Andrés Manuel López Obrador ins Leben gerufene Wahrheitskommission kam kürzlich zu dem Schluss, dass - anders als in der früheren offiziellen Version - auch Soldaten eine Mitschuld am Verschwinden der Studenten tragen.
Vor Gericht verteidigte Murillo Karam am Mittwoch die "historische Wahrheit". Es habe womöglich "einige Fehler" bei den Ermittlungen gegeben, eine Dinge seien womöglich "falsch gemacht" worden, sagte er laut einem Medienbericht. Grundsätzlich habe aber nie jemand seine Version der Ereignisse widerlegt.
Die Studenten waren in der Nacht zum 27. September 2014 nahe der Stadt Iguala im Bundesstaat Guerrero verschwunden, als sie auf dem Weg zu einer Demonstration in der Hauptstadt Mexiko-Stadt waren. Bis heute sind nur die sterblichen Überreste von drei Opfern identifiziert worden. Die Tat hatte weltweit für Entsetzen und Empörung gesorgt.
M.Hernández--ESF