Länder üben scharfe Kritik am neuen Infektionsschutzgesetz
Vor der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag haben mehrere Bundesländer teils scharfe Kritik an den geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetz geäußert. "So können wir doch nicht eine vernünftige Pandemiebekämpfung machen", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag im bayerischen Landtag. Auch die niedersächsische und die baden-württembergische Regierung kritisierten den vorliegenden Entwurf und forderten Änderungen.
"Wir sind uns in der Landesregierung einig, dass das geplante Gesetz insuffizient ist", sagte der baden-württembergische Vizeministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl (CDU) in Stuttgart. Die Bundesregierung schiebe den Ländern mit den Entwurf in "verantwortungsloser Weise die Verantwortung zu, ohne ihnen Instrumente zur Bekämpfung der Pandemie zu geben".
"Wir haben immer noch die Hoffnung, dass es Nachbesserungen geben wird", erläuterte die niedersächsische Regierungssprecherin Anke Pörksen in Hannover. Es kämen aber keine solchen Signale vom Bund. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) habe schon mehrmals zum Ausdruck gebracht, dass die Regierung mit der aktuellen Fassung des Gesetzes "nicht glücklich" sei und "dass wir gern weitere Möglichkeiten der allernotwendigsten Schutzmaßnahmen hätten".
Das neue Bundesinfektionsschutzgesetz sieht vor, dass es nach dem Auslaufen der bisherigen Coronaregeln am 19. März im Regelfall nur noch sogenannte Basisschutzmaßnahmen geben soll. Das wären etwa Maskenpflichten im öffentlichen Nahverkehr und Pflegeheimen.
Weitergehende Maßnahmen wie eine Maskenpflicht in Innenräumen sollen nur noch in Hotspots möglich sein. Der Bundestag befasst sich am Mittwoch erstmals mit der Vorlage - sie ist dann am Donnerstag auch Thema bei einer Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Am Freitag sollen Bundestag und Bundesrat sie beschließen.
Zugleich sieht der Gesetzentwurf noch eine Übergangsfrist bis zum 2. April vor, in dem die Länder ihre derzeit bereits geltenden Coronaschutzmaßnahmen noch in Kraft lassen können. Zahlreiche Länder beschlossen, diese Option zu nutzen. Dies galt etwa für Berlin, Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern sowie Hessen und Thüringen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte den Entwurf für das neue Infektionsschutzgesetz sowie die geplante Hotspotregelung. "Politik ist das Finden eines Kompromisses, der funktionieren muss", sagte er im ARD-"Morgenmagazin". Einen solchen Kompromiss habe er mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ausgehandelt. Bundesweite Maßnahmen seien derzeit nicht mehr gut zu begründen. Die Lage unterscheide sich regional.
Einzelheiten des neuen Gesetzes sind derzeit teilweise noch weiter unklar. Von Länderseite und aus der Unionsbundestagsfraktion wurden unter anderem uneindeutige Kriterien zur Definition von Hotspots bemängelt. "Die geplante Hotspotregelung ist nichts als heiße Luft, denn keines der Kriterien für die Aktivierung ist klar definiert", sagte der Gesundheitsexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Tino Sorge (CDU), der "Augsburger Allgemeinen". Es werde demnächst einen "Flickenteppich regionaler Regeln" geben.
Auch der Hamburger Senat sprach von einem unzureichenden Entwurf. "Die Pandemie ist bei weitem noch nicht überwunden", sagte dessen Sprecher Marcel Schweitzer. Seinen Angaben nach hält die Hamburger Landesregierung zumindest auch eine Maskenpflicht in Innenräumen außerhalb von Hotspots weiterhin für "erforderlich".
Für eine Fortsetzung des Lockerungskurses in Deutschland warb der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen. Trotz aktuell sehr hoher Infektionszahlen drohe keine Überlastung des Gesundheitssystems, sagte er der "Rheinischen Post". Die Gesellschaft müsse "endlich lernen, mit Corona zu leben, ohne dass alle paar Monate die Politik das öffentliche Leben immer wieder stark herunterfährt", fügte er an.
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F.Gomez--ESF