Ifo-Institut korrigiert Wachstumsprognose deutlich nach unten
Die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine wirken sich nach Einschätzung des Münchner Ifo-Instituts deutlich auf das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr aus. Nachdem das Wirtschaftsforschungsinstitut im Dezember noch einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 3,7 Prozent prognostiziert hatte, wird nun eine Spanne zwischen 2,2 und 3,1 Prozent erwartet, wie das Ifo am Mittwoch mitteilte. Zugleich dürfte die Inflation demnach "schneller zunehmen als bislang erwartet".
Bei der Teuerung der Verbraucherpreise rechnet das Ifo aktuell mit 5,1 bis 6,1 Prozent, statt wie noch im Dezember mit 3,3 Prozent. In der vergangenen Woche hatten bereits das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) und die Leibniz-Institute für Wirtschaftsforschung in Essen (RWI) und Halle (IWH) ihre Prognosen für die konjunkturelle Entwicklung abgesenkt und die Inflationserwartung nach oben korrigiert.
Das Ifo-Institut erklärte am Mittwoch, der russische Angriff dämpfe die Konjunktur "über deutlich gestiegene Rohstoffpreise, die Sanktionen, zunehmende Lieferengpässe bei Rohmaterialien und Vorprodukten sowie erhöhte wirtschaftliche Unsicherheit", wie der Konjunkturchef des Instituts, Timo Wollmershäuser, ausführte.
Insgesamt geht nach Einschätzung des Münchener Forschungsinstituts durch den Anstieg der Verbraucherpreise allein im ersten Vierteljahr Kaufkraft von etwa sechs Milliarden Euro verloren. "Gleichzeitig dürften die vollen Auftragsbücher der Industrie und die Normalisierung bei Corona der Konjunktur einen kräftigen Schub geben", fügte Wollmershäuser hinzu. Im kommenden Jahr werde das Wachstum dann auf 3,3 bis 3,9 Prozent zulegen und die Inflation auf etwa 2,0 Prozent zurückgehen.
Die vergleichsweise große Spanne bei der aktuellen Konjunkturerwartung des Ifo-Instituts basiert darauf, dass die Forscherinnen und Forscher wegen der unsicheren Lage zwei Prognosen berechneten. Unterstellt wurde dabei eine unterschiedliche Entwicklung der Energiepreise, die sich auch auf die privaten Konsumausgaben auswirken, die wiederum ein großer Faktor für das Wirtschaftswachstum sind.
Die Konsumausgaben könnten demnach zwischen 3,7 und 5,0 Prozent steigen; die Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen hingegen zwischen 0,0 und 3,9 Prozent. Die Arbeitslosigkeit dürfte in beiden Szenarien laut Ifo kaum unterschiedlich ausfallen, erwartet werden 2,27 bis 2,29 Millionen Menschen. "Jedoch dürfte die Kurzarbeit im pessimistischen Szenario deutlich zunehmen", erklärte das Institut.
Das optimistische Szenario nimmt an, dass der Ölpreis von derzeit rund 100 Euro pro Fass schrittweise sinkt auf 82 Euro zum Jahresende - und der Preis für Erdgas parallel dazu von 150 Euro pro Megawattstunde auf 108.
Im pessimistischen Szenario steigt Öl auf 140 Euro pro Barrel bis Mai und sinkt dann erst ab auf 122 Euro zum Jahresende. Erdgas dürfte hierbei bis Mai ansteigen auf 200 Euro und dann nach und nach auf 163 Euro pro Megawattstunde sinken.
A.Barbero--ESF