Israels Militär startet Großeinsatz gegen Palästinenser im Westjordanland
Die israelische Armee hat nach mehreren tödlichen Anschlägen militanter Palästinenser einen Großeinsatz im besetzten Westjordanland gestartet. "Der Staat Israel ist in die Offensive gegangen", sagte Ministerpräsident Naftali Bennett nach einer Kabinettssitzung am Sonntag. Das Militär werde "mit jedem abrechnen, der direkt oder indirekt mit den Anschlägen in Verbindung steht". Im Zentrum des Einsatz standen die Stadt Dschenin und ein dort befindliches Flüchtlingslager.
AFP-Reporter berichteten von schweren Feuergefechten in dieser nördlichen Region des von Israel besetzten Westjordanlands, die als Hochburg bewaffneter palästinensischer Gruppen gilt. Ein Mann, der am Donnerstag in Tel Aviv einen tödlichen Anschlag verübt hatte, stammte aus Dschenin. Aus Militärkreisen hieß es, am Sonntag seien dort 20 Palästinenser festgenommen worden.
In der Nähe von Bethlehem erschossen Soldaten eine Frau. Nach Angaben des israelischen Militärs hatten die Soldaten erst Warnschüsse in die Luft abgegeben, dann sei der Frau in den Unterkörper geschossen worden. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden im gesamten Westjordanland mindestens zehn Menschen bei Zusammenstößen mit israelischen Sicherheitskräften verletzt.
Infolge des Angriffs in Tel Aviv hatten israelische Soldaten bereits am Samstag bei einem Einsatz im Flüchtlingslager Dschenin einen jungen Mann getötet. Sie schränkten außerdem den Zugang zu Dschenin ein, schlossen die israelischen Grenzübergänge und verschärften die Sicherheitskontrollen.
Am Donnerstag hatte ein junger Mann in einem belebten Viertel von Tel Aviv um sich geschossen und drei Israelis getötet. Der 28-jährige mutmaßliche Angreifer wurde nach stundenlanger Fahndung erschossen. Nach Angaben des Geheimdienstes Schin Bet kam er aus Dschenin. Die Organisation Islamischer Dschihad und die radikalislamische Hamas begrüßten den Angriff, Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verurteilte ihn.
Es war bereits der vierte Anschlag in Israel innerhalb von gut zwei Wochen. Seit dem 22. März wurden dabei insgesamt 14 Menschen getötet. Einige der Angreifer hatten Verbindungen zur Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Im gleichen Zeitraum wurden bei Einsätzen israelischer Sicherheitskräfte mindestens elf Palästinenser getötet, darunter einige der Attentäter.
Ministerpräsident Bennett hatte den Sicherheitsbehörden nach dem Angriff vom Donnerstag umfassende Vollmachten erteilt. "Für diesen Krieg gibt es keine Grenzen und es wird auch keine geben", sagte er. "Wir werden alles tun, was nötig ist, so lange und wo immer es nötig ist, bis die Sicherheit und das Gefühl der Sicherheit wiederhergestellt sind", sagte Armeechef Aviv Kochavi in einem vom Militär veröffentlichten Video.
Israel hält das Westjordanland seit 1967 besetzt. Inzwischen leben dort rund 475.000 jüdische Siedler und 2,8 Millionen Palästinenser. Die meisten israelischen Siedlungen gelten völkerrechtlich als illegal.
Im vergangenen Jahr hatten während des Ramadan Spannungen zwischen israelischen Streitkräften und Palästinensern an der Al-Aksa-Moschee in Ostjerusalem zu einem elftägigen bewaffneten Konflikt des israelischen Militärs mit der Hamas geführt.
M.Echeverria--ESF