Verstärkte russische Angriffe in der Ukraine nach "Moskwa"-Untergang
Einen Tag nach dem Untergang des prestigeträchtigen russischen Kriegsschiffs "Moskwa" haben die russischen Streitkräfte ihre Angriffe in der Ukraine verstärkt. Unter anderem sah ein AFP-Reporter am Freitag nahe Kiew eine teilweise zerstörte Rüstungsfabrik, in der Raketen vom Typ "Neptun" hergestellt werden. Mit diesen hatten die ukrainischen Streitkräfte nach eigenen Angaben die "Moskwa" beschädigt, die dann sank. Die USA bestätigten die ukrainischen Angaben und warnten vor dem Einsatz kleinerer Atomwaffen durch Moskau.
Eine Werkstatt und ein Verwaltungsgebäude des Rüstungskomplexes Wisar nahe der Hauptstadt seien zerstört, berichtete der Reporter der Nachrichtenagentur AFP. In der Fabrik nahe dem internationalen Flughafen werden laut der Website des staatlichen Rüstungskonzerns Ukroboronprom "Neptun"-Raketen hergestellt. Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium mitgeteilt, es habe am späten Donnerstag als Reaktion auf "terroristische" Angriffe der Ukraine eine "militärische" Fabrik außerhalb Kiews mit seegestützten Kalibr-Langstreckenraketen angegriffen.
Die "Moskwa" war laut einem Sprecher der ukrainischen Armee am Donnerstag von Raketen vom Typ "Neptun" getroffen worden. Ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums, der anonym bleiben wollte, bestätigte dies am Freitag.
Die russische Seite teilte dagegen lediglich mit es sei Munition an Bord explodiert. Während die "Moskwa" dann in Richtung eines Hafens abgeschleppt worden sei, habe sie ihr "Gleichgewicht" verloren und sei bei starkem Seegang untergegangen.
Die "Moskwa" war das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte. Das zu Sowjetzeiten gebaute Schiff hatte zusammen mit anderen russischen Schiffen die südukrainische Hafenstadt Mariupol blockiert. Eine Sprecherin der südlichen Streitkräfte der Ukraine sagte am Freitag: "Wir sind uns bewusst, dass die Angriffe gegen uns zunehmen werden und dass der Feind Rache nehmen wird." Dabei verwies sie auf Angriffe auf die südukrainischen Städte Odessa und Mykolajiw.
Der Direktor des US-Geheimdienstes CIA, William Burns, warnte, dass Russland angesichts einer "möglichen Verzweiflung" über militärische "Rückschläge" kleinere Atomwaffen einsetzen könne. Russland verfügt über ein Arsenal an taktischen Atomwaffen mit kleinerer Sprengkraft als die Bomben, welche die USA im Zweiten Weltkrieg über Hiroshima und Nagasaki abgeworfen hatten.
"Anzahl und Umfang der Raketenangriffe auf Ziele in Kiew werden als Reaktion auf terroristische Angriffe oder Sabotageakte des nationalistischen Kiewer Regimes auf russischem Territorium zunehmen", erklärte das russische Verteidigungsministerium am Freitag. Am Vortag hatte Moskau die Regierung in Kiew beschuldigt, russische Grenzstädte anzugreifen. Kiew bestritt dies und beschuldigte stattdessen Russland, die Vorfälle zu inszenieren, um eine "anti-ukrainische Hysterie" zu schüren.
Bei einem russischen Angriff auf Busse, die Zivilisten aus dem Kriegsgebiet in der Ostukraine in sichere Gebiete bringen wollten, wurden nach ukrainischen Angaben mindestens sieben Zivilisten getötet. Ersten Informationen zufolge seien 27 weitere Menschen bei dem Vorfall in der Region Charkiw verletzt worden, teilte das Büro des ukrainischen Generalstaatsanwalts im Onlinedienst Telegram mit.
In Charkiw selbst starben nach ukrainischen Angaben beim Beschuss eines Wohnviertels sieben Menschen, darunter ein Kind. 34 weitere Menschen wurden nach Behördenangaben verletzt.
Russland warnte derweil Finnland und Schweden erneut vor den "Konsequenzen" eines möglichen Nato-Beitritts. Ein solcher Schritt hätte Folgen auch "für die europäische Sicherheitsarchitektur insgesamt", erklärte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa. Beide Länder würden sich dann "automatisch an der Front der Nato wiederfinden".
Russland verwies am Freitag 18 Mitglieder der EU-Vertretung in Moskau des Landes. Sie seien zu "unerwünschten Personen" erklärt worden und müssten Russland "in der nahen Zukunft verlassen", teilte das Außenministerium in Moskau mit. Die EU nannte die Ausweisungen "ungerechtfertigt". Brüssel hatte Anfang April 19 Mitglieder der russischen Vertretung bei der Europäischen Union zu "unerwünschten Personen" erklärt.
M.F.Ramírez--ESF