Proteste gegen Armeniens Regierungschef gehen weiter
In Armenien weiten sich die Proteste gegen die Regierung aus. Nach Sonntag und Montag gingen auch am Dienstag tausende Menschen in der Hauptstadt Eriwan und in anderen Städten auf die Straße, um gegen Zugeständnisse an das verfeindete Nachbarland Aserbaidschan im Konflikt um die umstrittene Region Bergkarabach zu protestieren. Am Abend folgten erneut tausende Menschen einem Aufruf der Opposition und forderten bei einer Kundgebung im Zentrum von Eriwan Paschinjans Rücktritt.
Bei der ersten Kundgebung am Vormittag spielten sich in der Hauptstadt chaotische Szenen ab, Demonstranten legten den Verkehr auf den wichtigsten Straßen lahm. Die Polizei meldete am Abend landesweit 237 Festnahmen.
Einer der Demonstranten in Eriwan, der 57-jährige Schmied Sergej Howhannisjan, sagte der Nachrichtenagentur AFP, Paschinjan müsse gehen, "weil er für die Niederlage steht und Armenien mit einem solchen Anführer keine Zukunft hat." Er warf dem Regierungschef vor, Bergkarabach aufzugeben, "für das wir unser Blut vergossen haben."
Bereits am Montag hatten sich rund 5000 Menschen in der Hauptstadt versammelt und Paschinjans Rücktritt gefordert. Begonnen hatten die Proteste am Sonntag, nachdem Oppositionspolitiker Paschinjans Rücktritt gefordert hatten. Es sind die heftigsten Proteste seit der vorgezogenen Parlamentswahl im vergangenen September.
Die Opposition wirft Paschinjan vor, die umstrittene Region Bergkarabach komplett an Aserbaidschan abtreten zu wollen. Im März hatte der Regierungschef im Parlament gesagt, die internationale Gemeinschaft appelliere an Armenien, "seine Forderungen in Bezug auf Bergkarabach herunterzuschrauben".
Oppositionsführer Ischchan Sagateljan warf Paschinjan "Verrat" am Volk vor. Er habe "kein Mandat" dafür, die umstrittene Region an Aserbaidschan abzugeben. Er kündigte an, die Opposition werde so lange protestieren, "bis Paschinjan geht".
Die Kaukasusrepubliken Armenien und Aserbaidschan streiten seit Jahrzehnten um die Kontrolle über die Region Bergkarabach. Im Herbst 2020 hatten sie sich wochenlang heftige Kämpfe geliefert, mehr als 6500 Menschen wurden dabei getötet. Die Gefechte endeten mit einer von Russland vermittelten Waffenstillstandsvereinbarung zugunsten Aserbaidschans. Sie war mit erheblichen Gebietsverlusten für Armenien verbunden. Trotz der Einigung flammt die Gewalt immer wieder auf.
P.Avalos--ESF