Nato-Staaten stellen Finnland und Schweden rasche Aufnahme in Aussicht
Die Nato-Staaten haben Finnland und Schweden eine rasche Aufnahme in die Nato in Aussicht gestellt. Deutschland würde einen Beitritt der beiden Länder "sehr schnell" ratifizieren, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Sonntag bei informellen Beratungen mit ihren Nato-Kolleginnen und -Kollegen in Berlin. Auch der stellvertretende Nato-Generalsekretär Mircea Geoana zeigte sich "zuversichtlich, dass die Alliierten" mögliche Aufnahmeanträge Helsinkis und Stockholms "konstruktiv und positiv" prüfen würden.
Die Außenministerinnen und Außenminister der Nato setzten in Berlin ihre am Samstagabend begonnen informellen Beratungen über den Ukraine-Krieg sowie die voraussichtlichen Beitrittsanträge Schwedens und Finnlands fort. Finnlands Außenminister Pekka Haavisto und seine schwedische Kollegin Ann Linde hatten am Samstagabend als Gäste an den Beratungen teilgenommen.
Baerbock sagte, Deutschland sei auf einen schnellen Ratififzierungsprozess im Falle eines Beitritts von Schweden und Finnland vorbereitet. Die Bundesregierung habe diesbezüglich bereits Gespräche mit "allen demokratischen Parteien" geführt. Auch andere Nato-Staaten hätten einen schnellen Ratifizierungsprozess zugesagt. Eine "Hängepartie" nach einem Beitrittsantrag Schwedens und Finnlands dürfe es nicht geben, betonte sie.
Die finnische Staatsführung hatte kürzlich angekündigt, einen Nato-Beitrittsantrag stellen zu wollen. In Schweden wollen die regierenden Sozialdemokraten am Sonntag ihre Entscheidung über einen Nato-Beitritt des Landes bekanntgeben. In beiden Ländern müssen die Parlamente dem Schritt noch zustimmen.
Ein Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands wäre nach Jahrzehnten der militärischen Bündnisneutralität für beide Länder eine Zäsur. Russland hatte insbesondere auf die Ankündigung seines Nachbarlands Finnland mit Kritik und Drohungen reagiert. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, Russland würde eine Nato-Mitgliedschaft Finnlands "definitiv" als Bedrohung ansehen. Baerbock sagte dazu am Sonntag, Kreml-Chef Wladimir Putin habe Schweden und Finnland durch seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine in die Nato "hineingepusht".
Innerhalb des Bündnisses hatte die Türkei Vorbehalte gegen einen Beitritt der beiden nordischen Länder geäußert. Präsident Recep Tayyip Erdogan warf ihnen eine Nähe zu kurdischen Extremisten vor. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte die Anschuldigungen zu Beginn der Nato-Beratungen am Samstag bekräftigt, zugleich aber Gesprächsbereitschaft signalisiert.
Teilnehmer der Nato-Beratungen zeigten sich am Sonntag zuversichtlich, dass die türkischen Bedenken ausgeräumt werden könnten. Er sei "absolut sicher, dass wir eine Lösung finden werden", sagte der slowakische Außenminister Ivan Korcok. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sagte, die Türkei sei manchmal "schwierig". Die Zeichen dafür, die Unstimmigkeiten hinsichtlich der Aufnahme Schwedens und Finnlands zu überwinden, stünden aber "nicht schlecht".
Zentrales Thema der Beratungen der Nato-Außenminister ist auch die weitere Unterstützung der Ukraine in ihrem Kampf gegen die russischen Truppen. Der stellvertretende Nato-Generalsekretär Geoana hob die Geschlossenheit der Allianz gegenüber Russland hervor.
Putin habe den "brutalsten und zynischsten Krieg seit dem Zweiten Weltkrieg" begonnen, sagte Geoana. "Wahrscheinlich war und ist er immernoch überrascht vom Mut der Ukrainer und der Einigkeit des politischen Westens." Die Nato werde "geeint und stark bleiben und den Ukrainern weiterhin dabei helfen, diesen Krieg zu gewinnen".
Es ist das erste Mal in der Geschichte des Bündnisses, dass die Nato-Außenminister zu informellen Beratungen zusammenkommen. Das "Berliner Format" geht auf eine Initiative Deutschlands zurück. In den "schrecklichen Zeiten", die mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine angebrochen seien, müssten "wir uns alle aus unserer Komfortzone begeben", sagte Baerbock zu Beginn der ersten Arbeitssitzung am Sonntag. Angesichts der "aktuellen Sicherheitslage" sei es wichtig, die Nato "politisch, aber auch militärisch zu stärken".
A.M.Ruiz--ESF