Israelische Armee warnt Libanesen bis auf Weiteres vor Rückkehr in Süden des Landes
Kurz nach dem Inkrafttreten der Waffenruhe mit der Hisbollah hat die israelische Armee die zahlreichen Binnenflüchtlinge im Libanon eindringlich davor gewarnt, schon jetzt in den Süden des Landes zurückzukehren. Armeesprecher Avichay Adraee verwies am Donnerstagmorgen auf eine Linie oberhalb der Grenze zu Israel zwischen den libanesischen Orten Mansuri im Westen und Schebaa im Osten des Libanon.
"Sie haben bis auf Weiteres nicht das Recht, in Ihre Häuser südlich dieser Linie zurückzukehren", erklärte der Armeesprecher an die aus diesem Gebiet stammenden Libanesen gerichtet. "Wer auch immer sich südlich dieser Linie bewegt, setzt sich Gefahr aus."
Die Waffenruhe zwischen Israel und der pro-iranischen Hisbollah-Miliz war am frühen Mittwochmorgen in Kraft getreten. In der Folge machten sich zehntausende durch den Konflikt vertriebene Libanesen auf den Weg in ihre Heimatorte. Bepackt mit ihrem Hab und Gut versuchten sie, in Orte im Südlibanon sowie in die südlichen Vororte von Beirut und ins Bekaa-Tal im Osten des Landes zurückzukehren. Die dortigen Hisbollah-Hochburgen waren in den vergangenen Monaten immer wieder von der israelischen Armee angegriffen worden.
Die von den USA und Frankreich vermittelte Waffenruhe sieht vor, dass die israelischen Truppen den Südlibanon innerhalb von 60 Tagen schrittweise verlassen. Auch die Hisbollah-Miliz soll sich aus dem Grenzgebiet bis hinter den Fluss Litani zurückziehen. Die libanesische Armee erklärte am Mittwoch, dass sie in Abstimmung mit der UN-Friedenstruppe Unifil ihre Präsenz im Süden des Libanon verstärke.
Israel behält sich nach Angaben von Regierungschef Benjamin Netanjahu "eine totale militärische Handlungsfreiheit" im Libanon vor, sollte die Hisbollah die Waffenruhe-Vereinbarung verletzen und versuchen, sich neu zu bewaffnen. Netanjahu zufolge bietet die Waffenruhe mit der Hisbollah seinem Land die Möglichkeit, "sich auf die iranische Bedrohung zu konzentrieren" und im Gaza-Krieg den Druck auf die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas zu erhöhen.
Nach dem brutalen Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hatte die mit ihr verbündete Hisbollah mit regelmäßigen Raketenangriffen vom Süden des Libanon aus eine zweite Front gegen Israel eröffnet. Als Reaktion beschoss Israel Hisbollah-Ziele im Nachbarland. Seit Mitte September hatte die israelische Armee ihre Angriffe deutlich verstärkt, zudem startete sie Ende September Bodeneinsätze im Süden des Libanon.
Laut libanesischen Regierungsangaben wurden in dem Konflikt im Libanon mehr als 3800 Menschen getötet. Mehr als 900.000 Menschen flohen nach Einschätzung der UNO vor den Kämpfen. Auf israelischer Seite wurden nach Behördenangaben 82 Soldaten und 47 Zivilisten getötet und etwa 60.000 Menschen vertrieben.
P.Colon--ESF