Scholz bringt mit Millionenzusage Bewegung in Knackpunkt bei UN-Klimakonferenz
Mit der Zusage von 170 Millionen Euro hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Bewegung in ein zentrales Streitthema der UN-Klimakonferenz in Scharm el-Scheich gebracht. Scholz sagte die Hilfen für klimabedingte Schäden in Entwicklungsländern am Montagabend in seiner Rede vor dem Konferenzplenum zu. UN-Generalsekretär António Guterres hatte das sogenannte Leaders Segment der COP27 mit der Warnung eröffnet, entweder schlössen die mehr als 190 Staaten einen "Klimasolidaritätspakt oder einen kollektiven Selbstmordpakt".
Scholz sagte in seiner Rede, Deutschland werde "die vom Klimawandel am schwersten betroffenen Länder gezielt im Umgang mit Verlusten und Schäden unterstützen". Daher stelle die Bundesregierung für den neuen Globalen Schutzschirm gegen Klimarisiken und die Klimarisiko-Finanzierung 170 Millionen Euro zur Verfügung.
Den auch als "Global Shield" bekannten Schutzschirm hat Deutschland dieses Jahr im Rahmen seiner G7-Präsidentschaft aus der Taufe gehoben. Darin sollen Aktivitäten im Bereich der Klimarisikoabsicherung und -vorsorge gebündelt werden. In Scharm el-Scheich sind Finanzhilfen für den Umgang mit klimabedingten Schäden und Verlusten ein Knackpunkt der Verhandlungen. Das seit Jahren umstrittene Thema war am Sonntag immerhin erstmals als eigener Punkt auf der Verhandlungsagenda der UN-Klimakonferenz verankert worden.
Außerdem geht es bei der COP27 darum, deutlich ehrgeizigere Klimaschutzmaßnahmen auf den Weg zu bringen. Scholz sagte in seiner Rede, Russlands "brutaler Krieg gegen die Ukraine" habe der Welt vor Augen geführt, dass die Energiewende "auch ein sicherheitspolitischer Imperativ" sei.
"Es darf keine weltweite Renaissance der fossilen Energien geben", appellierte Scholz. "Und für Deutschland sage ich: Es wird sie auch nicht geben." Zuletzt war die Bundesregierung bei Klimaschützern in die Kritik geraten, weil sie infolge des Ukraine-Kriegs auf Kohlekraftwerke zurückgriff und sich um neue Gaslieferverträge bemühte.
Scholz sagte, der Ukraine-Krieg habe Deutschland zwar dazu gezwungen, "für kurze Zeit notgedrungen auch wieder Kohlekraftwerke ans Netz zu nehmen". Seine Regierung stehe aber "fest zum Kohleausstieg". Deutschland werde "aus den fossilen Brennstoffen aussteigen, ohne Wenn und Aber."
Auch Guterres forderte, die internationale Gemeinschaft dürfe den Klimawandel trotz oder gerade wegen Krisen wie dem Ukraine-Krieg nicht aus den Augen verlieren. "Die Menschheit hat eine Wahl: kooperieren oder umkommen", sagte der UN-Generalsekretär.
Zugleich forderte Guterres die Industriestaaten auf, die Klimaschäden in Entwicklungsländern "nicht länger unter den Teppich" zu kehren. Als Vorsorgemaßnahme stellten die Vereinten Nationen am Montag einen Aktionsplan für ein weltweites Frühwarnsystem bei Wetterkatastrophen mit einem Finanzbedarf von 3,1 Milliarden Dollar vor. Außerdem gründeten in Scharm el-Scheich 25 Staaten eine Allianz zur besseren Bewältigung von Dürren.
Guterres forderte in seiner Rede zudem eine "historische" Vereinbarung zwischen Industrie- und Entwicklungsstaaten, damit alle Länder Zugang zu erschwinglichen erneuerbaren Energien bekämen. Dabei nahm er insbesondere die beiden größten Volkswirtschaften und Treibhausgasemittenten - USA und China - in die Pflicht.
Das Pariser Klimaabkommen sieht eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad vor. Nach derzeitigem Stand steuert die Erde allerdings auf eine gefährliche Erhitzung um 2,4 bis 2,8 Grad bis zum Jahr 2100 zu. Um der COP27 zu Beginn die notwendige Dynamik zu geben, nehmen am Montag und Dienstag rund hundert Staats- und Regierungschefs persönlich daran teil.
Die Klima-Expertin von Brot für die Welt, Sabine Minninger, nannte Scholz' 170-Millionen-Euro-Zusage "eine wichtige Maßnahme, um den ärmsten Menschen des Globalen Südens nach einem Wetterextremereignis schnell wieder auf die Beine zu helfen". Sie greife angesichts des Ausmaßes des Problems allerdings "zu kurz".
Als Beitrag zum globalen Kampf gegen die Erderhitzung kündigte die Bundesregierung zudem eine Verdopplung ihres deutschen Beitrags zum internationalen Waldschutz von einer auf zwei Milliarden Euro bis zum Jahr 2025 an.
M.E. De La Fuente--ESF