Parteiübergreifender Aufruf für mehr Tempo beim Klimaschutz
Mehr als 400 Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Abgeordnete und Konzernvorstände zu mehr Klimaschutz aufgefordert. "Je länger wir zögern, desto drastischer sind die Konsequenzen unseres Abwartens. Jetzt zu handeln, ist unsere Pflicht", heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten offenen Brief. Anlass ist den Initiatoren zufolge neben den jüngsten Warnungen des Weltklimarates auch der Koalitionsbeschluss zum "Aufweichen des Klimaschutzgesetzes".
Den Brief unter dem Motto "Unsere Generation - unser Job" unterzeichneten Vertreterinnen und Vertreter verschiedener demokratischer Parteien. Klima sei "eine parteiübergreifende, staatstragende und historisch beispiellose Aufgabe", erklärte Mitinitiator Heinrich Strößenreuther, Umweltaktivist und CDU-Mitglied. Bei den Bundestagsparteien fehle es aber an einem Gefühl für die Dringlichkeit der Aufgabe. "Statt Klimaproteste zu verunglimpfen, erwarten wir, dass der Job gemacht wird, den wir als letzte Generation jetzt noch vollbringen können."
"Wir können uns keine Halbherzigkeiten mehr leisten, keine weiteren Nebelkerzen, kein weiteres Zögern", heißt es in dem offenen Brief. "Werden die notwendigen Entscheidungen nicht in dieser Legislaturperiode getroffen und ihre Umsetzung forciert, beginnt der langfristige Umbau zu spät." Nötig sei dabei auch "die jahresscharfe Verantwortlichkeit und Verantwortliche explizit in allen Sektoren".
Die Ampel-Parteien hatten bei ihrem Koalitionsausschuss Anfang April beschlossen, das Klimaschutzgesetz in zentralen Punkten zu ändern. Statt der bislang strikten jährlichen Emissionsvorgaben für einzelne Bereiche wie Energie, Industrie, Verkehr und Gebäude soll es möglich sein, Zielverfehlungen in einem Sektor in einem anderen auszugleichen. Laut Umweltbundesamt hatten die Bereiche Verkehr und Gebäude ihre Sektorenziele bei der Reduzierung des Treibhausgasausstoßes im vergangenen Jahre verfehlt.
Aus der CDU finden sich unter den Erstunterzeichnern der ehemalige Generalsekretär Ruprecht Polenz und der Oberbürgermeister von Konstanz, Ulrich Burchardt. Von den Grünen unterschrieben mehrere amtierende Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, etwa Katja Dörner aus Bonn, Belit Onay aus Hannover, Uwe Schneidewind aus Wuppertal und Stefan Fassbinder aus Greifswald.
Aus der SPD schlossen sich zum Beispiel der langjährige Bundestagsabgeordnete Klaus Mindrup und Vertreter der Gruppe SPD.Klima.Gerecht der Initiative an. Bei den Linken unterzeichneten etwa Parteivize Lorenz Gösta Beutin und der Schatzmeister und frühere Berliner Senator Harald Wolf den Aufruf.
Auch zahlreiche Wissenschaftler und Vertreter von Naturschutzverbänden sowie der Nürnberger Jesuitenpriester Jörg Alt nehmen an der Aktion teil, über die zunächst der "Spiegel" berichtet hatte. Auch die Fernsehköchin und grüne Europaabgeordnete Sarah Wiener, der Schauspieler Hannes Jaenicke und der Liedermacher Konstantin Wecker gehören zur Gruppe der Erstunterzeichner.
Die Petition kann nun von allen Bürgerinnen und Bürgern unterstützt werden. Dies ist über ein Webportal möglich. Bis Donnerstagmittag gab es gut 1500 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner.
Der Weltklimarat hatte in seinem jüngsten Bericht davor gewarnt, dass die im Pariser Klimaabkommen vereinbarte 1,5-Grad-Grenze für die Erderwärmung bereits im Zeitraum 2030 bis 2035 erreicht wird. Nur durch eine "tiefgreifende, schnelle und anhaltende Verringerung der Emissionen" könne die internationale Gemeinschaft noch "eine sichtbare Verlangsamung der Erderwärmung" erreichen.
P.Rodríguez--ESF