Hochwasserlage im Süden Deutschlands spitzt sich weiter zu
Dauerregen, Überflutungen, Evakuierungen und gebrochene Deiche: In Süddeutschland hat sich die Hochwasserlage am Samstag weiter zugespitzt. Bis zum Abend riefen in Bayern acht Landkreise den Katastrophenfall aus, für acht Messstellen an unterschiedlichen Gewässern im Freistaat meldete die Hochwasserzentrale die höchste von vier Meldestufen. In mehreren Gemeinden wurden die Menschen aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Stark betroffen war auch Baden-Württemberg.
Bei einem Besuch im besonders von den Überflutungen betroffenen Landkreis Augsburg machten sich der bayerische Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) am Samstag ein Bild von der Lage. Söder appellierte laut Bayerischem Rundfunk an die Bewohner, den Anordnungen der Sicherheitskräfte Folge zu leisten. Es sei mit weiter steigenden Pegelständen zu rechnen, erklärte das Innenministerium.
In Fischach im Landkreis Augsburg mussten Menschen ihre Häuser verlassen und teils mit Hubschraubern gerettet werden. Ein Weiher und ein Staubecken liefen über, die Schmutter trat über die Ufer, Straßen wurden überflutet. Die Menschen in Fischach, Gessertshausen und Langenneufnach seien "dringend angehalten, bei Aufforderung Gebiete zu verlassen und Tiefgaragen sowie Kellerräume zu meiden", erklärte das Landratsamt Augsburg am Morgen.
Mittags wurde der Ortsteil Anhausen der Gemeinde Diedorf wegen eines Dammbruchs evakuiert. Eine Sprecherin des Landratsamtes sagte Medienberichten zufolge, Helfer hätten dort Menschen aus ihren von den Fluten eingeschlossenen Häusern per Hubschrauber retten müssen.
Am Abend wurden auch die Bewohner der Gemeinden Altenmünster, Batzenhofen, Gablingen, Achsheim, Eisenbrechtshofen, Biberbach, Allmannshofen, Hahnenweiler und Nordendorf aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen. Wer nicht bei Verwandten oder Bekannten unterkommen kann, soll sich in Notunterkünfte begeben.
Neben dem Landkreis Augsburg riefen auch die Landkreise Aichach-Friedberg, Neu-Ulm, Freising, Pfaffenhofen, Donau-Ries und Unterallgäu am Samstag den Katastrophenfall aus; am Freitagabend hatte dies bereits der Landkreis Günzburg getan. Das Landratsamt von Aichach-Friedberg erklärte, so könnten Hilfeleistungen bestmöglich koordiniert und bewältigt werden.
In der Landeshauptstadt München erreichte die Isar laut Hochwassernachrichtendienst mit einem Pegelstand von 301 Zentimetern Meldestufe zwei, mehrere Bereiche und Straßen nahe dem Ufer der Isar wurden gesperrt. In der Oberpfalz wurde nahe Regensburg die Autobahn A3 zwischen den Ausfahrten Parsberg und Beratzhausen überflutet und auf rund zehn Kilometern Länge gesperrt.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums waren am Samstag bereits 520 Helfer des Technischen Hilfswerks (THW) im Einsatz, die unter anderem in Abstimmung mit anderen Kräften Deiche sichern und Wasser abpumpen. Das THW sei bereit, bundesweit weitere Kräfte in den Einsatz zu bringen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) äußerte ihren Dank an die Einsatzkräfte, die "unermüdlich im Einsatz" seien, um Menschenleben zu schützen. "Den ehrenamtlichen und hauptamtlichen Kräften der Feuerwehren, des THW, anderer Hilfsorganisationen und der Polizei gilt mein größter Respekt", erklärte Faeser weiter.
Im Bahnverkehr kam es in Bayern und in Baden-Württemberg zu Störungen - auf der Strecke München-Bregenz-Zürich und auf der Strecke Stuttgart-Ulm-Augsburg-München fuhren keine Züge, wie die Deutsche Bahn mitteilte.
In den Bergen gab es massiven Schneefall - trotzdem machte sich eine Gruppe von 26 Menschen auf, die Zugspitze zu besteigen und geriet in Bergnot, wie der Bayerische Rundfunk unter Berufung auf die Bergwacht Garmisch-Partenkirchen berichtete. Wie der "Münchner Merkur" berichtete, rettete die Bergwacht alle Betroffenen und brachte sie wohlbehalten zum Zugspitzplatt unterhalb des Gipfels.
Im östlichen Teil von Baden-Württemberg hatten sich in der Nacht zum Samstag einzelne große Hochwasser entwickelt, wie das Landesamt für Umwelt mitteilte. Insbesondere im Raum Oberschwaben und an östlichen Neckarzuflüssen seien 50- bis 100-jährige Hochwasser möglich. Auch in den Donau- und Bodenseezuflüssen könne es zu Überflutungen kommen.
Bereits in der Nacht hatte die Gemeinde Meckenbeuren im Bodenseekreis angesichts der Hochwassergefahr rund 1300 Menschen empfohlen, ihre Häuser und Wohnungen zu verlassen.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte am Abend vor Unwetter und Dauerregen in der Südhälfte Deutschlands und vor gebietsweise schweren Gewittern mit Starkregen in Sachsen.
Auch in der Schweiz führten starke Niederschläge im Osten und im Innern des Landes zu zahlreichen Überschwemmungen, wie die Schweizer Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtete. Die Hochwasserlage bleibe angespannt, am Sonntag würden weitere Regenfälle erwartet.
P.Rodríguez--ESF