Rekordgewinn von TotalEnergies heizt Debatte über Sondergewinne an
Der französische Energiekonzern TotalEnergies hat im vergangenen Jahr so viel Gewinn gemacht wie noch nie - und heizt damit die Debatte zum Umgang mit Sondergewinnen der Branche an. 20,5 Milliarden Dollar (19,1 Milliarden Euro) Gewinn entsprechen einer Steigerung im Jahresvergleich um 28 Prozent und zugleich einem der besten Betriebsergebnisse eines französischen Unternehmens jemals. Wie alle großen Energiekonzerne profitierte TotalEnergies stark von den hohen Energiepreisen.
Die am Mittwoch mitgeteilte Gewinnsteigerung bei TotalEnergies fällt noch massiver aus, wenn der Verlust durch den Rückzug des Konzerns aus Teilen seines Russlandgeschäfts herausgerechnet wird. Das Unternehmen hatte im Dezember vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine die Partnerschaft mit dem russischen Gaskonzern Novatek beendet. Dies führte zu einem Verlust von knapp 15 Milliarden Dollar. Ohne diesen Sonderposten betrug der Gewinn sogar 36,2 Milliarden Dollar.
Der weitgehende Wegfall russischer Gaslieferungen nach Europa und die daraufhin enorm gestiegene Nachfrage nach Flüssigerdgas (LNG) überkompensierte die Verluste: Im vierten Quartal sei der LNG-Umsatz erneut um 22 Prozent angestiegen, erklärte Total-Chef Patrick Pouyanné. Im Jahr 2022 "hat das Unternehmen die Vorteile seines globalen LNG-Portfolios voll ausgeschöpft".
TotalEnergies hält derzeit rund zwölf Prozent Weltmarktanteil bei LNG. Für das Jahr 2023 rechnet Pouyanné mit weiterhin hohen Preisen, weil die chinesische Wirtschaft wieder in Fahrt kommen und ebenfalls mehr Flüssiggas beziehen werde.
Wie die britischen und US-Energiekonzerne - etwa Shell und ExxonMobil - profitierte auch TotalEnergies vom steigenden Ölpreis infolge der weltweiten Erholung von der Corona-Krise. Ein Barrel der Referenzsorte Brent war 2022 im Durchschnitt 102 Dollar wert.
Die massiven Gewinnsteigerungen der Energiekonzerne sorgen international für Kritik. US-Präsident Joe Biden hatte sie in seiner Rede zur Lage der Nation am Dienstagabend als "empörend" bezeichnet und massive Steuererhöhungen auf Aktienrückkäufe von Unternehmen gefordert. Auch in Frankreich fachte das Total-Ergebnis die Debatte über den Umgang mit derartigen Sondergewinnen wieder an.
Gewerkschaften und Umweltschützer warfen TotalEnergies vor, sich auf dem Rücken der Umwelt zu bereichern und zugleich die Belegschaft an den Gewinnen kaum zu beteiligen. Über Nacht hatten Aktivisten in zehn französischen Städten Plakate aufgehängt, auf denen sie "illegitime Profite" des Energiekonzerns anprangerten. Eine weitere Protestaktion am Konzernsitz in La Défense bei Paris richtete sich gegen ein Öl-Großprojekt von TotalEnergies in Uganda und Tansania, das Gegenstand eines Gerichtsverfahrens in Frankreich ist.
Der Linken-Politiker François Ruffin warf der französischen Regierung "Komplizenschaft" bei der "Ausbeutung der Nation" durch Konzerne wie Total vor. Der Staat sei dafür "verantwortlich, die Waagschalen wieder ins Gleichgewicht zu bringen" und müsse die Krisengewinne konsequent abschöpfen.
TotalEnergies verwies insbesondere auf Rabatte auf Kraftstoffpreise, die es französischen Autofahrern im vergangenen Jahr gewährt hatte. Konzernchef Pouyanné stellte weitere derartige Maßnahmen in Aussicht. Höhe und Bedingungen müssten noch ausgearbeitet werden. Ein französischer Regierungssprecher begrüßte die Ankündigung.
Auch deutsche Verbraucherschützer forderten Markteingriffe der Politik. "Exorbitante Gewinne müssen vom Gesetzgeber verboten werden", sagte Leonora Holling, Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Wo genau die Grenze verlaufe, sei eine politische Frage. "Klar ist nur, dass wir ohne Gewinndeckel auf dem Energiemarkt auf Dauer ein gewaltiges Problem bekommen. Denn dann werden sich Versorger weiterhin die Taschen vollmachen, und viele Endkunden wissen nicht, wie sie das bezahlen sollen."
Der Linken-Parteivorsitzende Martin Schirdewan kritisierte, dass die Bundesregierung mit ihrem Tankrabatt im Sommer zu den hohen Gewinnen der Ölkonzerne beigetragen habe. Die geplante Übergewinnabschöpfung hingegen sei zu niedrig und greife zu spät. "Es ist beschämend, wenn sich Ölkonzerne in dieser Situation die Taschen füllen, während viele Menschen mit geringem Einkommen nicht wissen, wie sie sich den Weg zur Arbeit noch leisten sollen", sagte Schirdewan dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
D.Sánchez--ESF